Kulinarische Wanderung ab Les Paccots

  1. Pfad der Genussmenschen (Sentier L’Epicurien)
  2. Eine Anekdote zum Weingut Domaine des Faverges
  3. Genuss für alle Sinne – Überprüfung dieses Versprechens
  4. Für wen eignet sich die Gourmetwanderung?
  5. A propos, was ist eigentlich der Unterschied zwischen Gourmet und Gourmand?
  6. Eckdaten zur kulinarischen Wanderung «Pfad der Genussmenschen / L’ Epicurien»
  7. Tipp

Kulinarische Wanderungen werden in Les Paccots als Pauschalangebot verkauft und wortwörtlich verstanden. Das Konzept heisst Sentier Gourmand oder eben Gourmetwanderung. Wir montieren die Wanderschuhe und folgen dem Gourmetpfad – Pfad der Genussmenschen oder Sentier L’Epicurien – in die Freiburger Voralpen. Soviel vorweg: Die Bilanz nach der Wanderung ist überaus positiv, auch kalorienmässig.  

Pfad für Genussmenschen (Sentier L’Epicurien)

Mit der Bezeichnung „Genussmenschen“ erklären wir uns gerne einverstanden. Angesichts der wunderbaren Aussichten … im doppelten Sinne des Wortes! Schon wieder treten wir eine dieser kulinarischen Wanderungen an, für die Les Paccots mittlerweilen weitherum bekannt ist.

Reserviert haben wir die Gourmetwanderung namens „L’Epicurien“. Übersetzt heisst das Geniesser oder genderneutral eben „Genussmensch“. Hedonist wäre auch noch eine der möglichen Übersetzungen, doch dessen Synonyme gefallen uns nicht alle …

Die Gourmetwanderung „L’Epicurien“ verheisst uns rund zwei lockere Wanderstunden mit nur gut 250 Höhenmeter (je auf- und abwärts). Wir werden also nicht zu erschöpft sein, die Fondue-Kelle zu rühren und doch den Appetit anregen können. Und mit dem Niremont (1514 m) wird uns obendrein ein kleiner, aber sehr lohnenswerter Aussichtsgipfel versprochen. Im Vordergrund steht nicht die sportliche Leistung, sondern Genuss für alle Sinne!

Niremont – Sentier L’Epicurien © Pascal Gertschen

Es ist ein wunderbarer Septembertag, und wir betreten das Tourismusbüro an der Route des Paccots 215 in Les Paccots mit viel Vorfreude. Dieses Rendez-vous ist Bedingung, denn hier erhalten wir alles Nötige für die heutige kulinarische Wanderung.

Da wäre zuerst ein Plan von Les Paccots und Umgebung, dazu erhalten wir ein paar Hinweise für die Autofahrt zum Ausgangspunkt. Das wird sich als praktisch erweisen, denn Ortsnamen, Flurnamen, Alpen oder Gastronomiebetriebe … irgendwie mischt sich das alles auf den Wegweisern.

Dann gibt’s die Gutscheine für Vorspeise und Dessert unserer kulinarischen Genusswanderung, dreisprachig (f,d,e) notabene. Und das Allerwichtigste für den rucksacktauglichen Hauptgang: ein hübscher Beutel mit dem Fondueset zum selbst Zusammenbauen, also Rechaud, Pfännli, Brennpaste, Anzündhilfe, Kochlöffel, zwei Fonduegabeln, Brot und … die Käsemischung! 200 Gramm pro Person, das reicht selbst für Gourmands im Sinne von „Vielfrass“! Eine Flasche Weisswein? Ja, die kommt auch mit in den Rucksack!

Wir fahren auf der Hauptstrasse von Les Paccots, der Route des Dailles, ins Grüne dieser so typischen Freiburger Voralpenlandschaft. Meine weitgereiste Freundin Kathrin fühlt sich wie in einem amerikanischen Nationalpark. Die Häuser, viele aus Holz erbaut, sind grosszügig angeordnet, manche ducken sich unter eigenen Wald, man hat Platz hier.

Am Dorfrand zieht sich der Ortsteil Les Rosalys den Hang empor, und beim Ausflugsrestaurant Les Rosalys beginnt auch der Skilift Le Pralet. Der Parkplatz mit der letzten Bushaltestelle scheint ein Knotenpunkt des Langsamverkehrs zu sein. Nebst zahlreichen regionalen Pfaden führen hier auch die nationale Wanderroute Nr. 3 von SchweizMobil, der Alpenpanorama-Weg von Rorschach nach Genf, und die nationale Mountainbike-Route Nr. 2, Panorama Bike von Rorschach nach Montreux vorbei. Wir sind also mittendrin und doch weit weg!

Über ein gutes Fahrsträsschen erreichen wir Rathvel (1262 m), den Startpunkt unserer kulinarischen Wanderung. Die Buvette de Rathvel und das vor allem bei Familien beliebte Ausflugsrestaurant Cabane du Petit Oiseau liegen unmittelbar nebeneinander.

Neugierig schauen wir in die kleine Kapelle rein, die Türe ist offen. Errichtet hat den Bau die Familie, welche auch die Skilifte, das Restaurant, den Spielplatz und den Streichelzoo geschaffen hat. Die Rundstämme aus einheimischen Fichten, eine Jesus-Skulptur aus Holz unter dem Giebel, bunt verglaste Fenster und private Freundschaftsbekundungen lassen uns innehalten. So einfach und ehrlich scheint uns hier alles! Ich drücke den Knopf links des Eingangs und hoffe auf Erleuchtung des Glaskunstwerks an der Decke. Doch, oh Schreck, lautes, sehr lautes Glockengeläute ertönt. Hoffentlich ist das nun kein Feueralarm oder die Ankündigung einer grossen Spende!

Die Alphütte und Buvette de Rathvel (Dienstag geschlossen) macht auf einem handgefertigten Holzschild klar: Hier ist der Boulevard de l’Apéro, Impasse de la Gourmandise (=Sackgasse der Leckereien), die Avenue de la Joie de Vivre etc., wir sind also an der richtigen Adresse. Der erste Gang dieser kulinarischen Wanderung erwartet uns: die „Planchette du Terroir“, wie das Plättli mit einheimischen Erzeugnissen hier heisst.

Buvette de Rathvel © Pascal Gertschen

Der Rahmen ist stimmig: Gleich nebenan weiden Kühe und sorgen für etwas Glockengebimmel, hin und wieder ertönt vom Spielplatz fröhliches Kinderlachen. Die Dimension der Vorspeise? Genug für eine hart arbeitende Holzfällertruppe!

Für eine Planchette im Kanton Freiburg gibt es kein „li“ (Verkleinerungsform im Deutschen). Denn die Köstlichkeiten des Terroir, Produkte und Gerichte aus einheimischem Grund und Boden also, will hier niemand verkleinert haben. Wir würdigen den würzigen Gruyère d’Alpage AOP, einen mild-crèmigen Vacherin fribourgeois AOP, Hobelkäse, Speck, Trockenfleisch, Wurstspezialitäten (ja, auch Pferd, wir sind in der Westschweiz!) … und hinterlassen das Brettchen tatsächlich leergeputzt!

Nun aber los, ein paar verdauungsfördernde Wanderschritte werden uns guttun! Wir folgen dem Holzschild „Sentier Gourmand“ via ein Strässchen waldeinwärts. Lichtungen eröffnen uns immer wieder den Blick auf die Umgebung. Gegenüber thronen die eindrücklichen Freiburger Bergschönheiten Teysachaux und Moléson.

Wir gewinnen langsam an Höhe und erreichen eine Krete, wo der Wald in Weide übergeht. Wie verzauberte Wesen scheinen uns einige dieser Fichten am Waldrand. In ihren Wurzeln, Warzen und seltsamen Verzweigungen lassen sich mühelos Gesichter sehen und Geschichten erahnen. Ein grosser Ast in Bodennähe lädt zum Schaukeln ein; nicht nur Kinder müssen das auskosten! (Foto)

Ein Gipfelkreuz, eine Bank, eine Feuerstelle und 360° Grad Panorama! Nach genüsslichen 1 1/4 Stunden stehen wir auf dem Niremont (1514 m), dem höchsten Punkt unserer kulinarischen Wanderung. Er ist kein zackiger Gipfel wie viele andere Freiburger Berge, eher ein grasiger Hügel, aber ganz schön windumbraust. Weit ins Greyerzerland, über den Jura, den Genfersee, die Französischen und die Waadtländer Alpen und immer wieder zurück zur Dent de Lys (2014 m), zum Teysachaux (1909 m) und Moléson (2002 m) schweifen unsere Blicke.

Randonnée Teysachaux © CreationPhoto Aurélie Felli

Fürs Fondue lassen wir uns in einer windgeschützten Grasmulde nieder. Zwar verspüren wir keinen Heisshunger, die Kulisse für den Hauptgang unserer kulinarischen Genusswanderung könnte jedoch nicht schöner sein! Und nicht erst seit dem „Lied vom Schlemmen“ im Film „Asterix und Kleopatra“ weiss man: Appetit kommt mit dem Essen!

Die vier Seitenwändchen des Rechauds sind rasch ineinandergeklickt. Eine stabile, feuerfeste Unterlage verhindert ein Umkippen oder einen Flächenbrand. Das Caquelon ist hier ein Chromstahl-Töpfchen, sprich praktisch und hygienisch. Ein smartes Fondue-Kit, perfekt für den Rucksack!

Wir beschliessen, uns mit einer 200-Gramm-Portion zu begnügen. Die vakuumverpackte Fondue-Mischung heisst Fondue „maison“ und stammt von der Laiterie von Christophe Dumas in Châtel-St-Denis. Wir werden es als Niremont-Fondue in Erinnerung behalten! Weil es schlicht himmlisch schmeckt, sei hier die Telefonnummer verraten: +41 21 948 75 22. Und dass das Ganze auch wirklich einfach zu handhaben ist, macht das Fondue auf dem Niremont zu einem rundum ungetrübten Genuss!

Natürlich haben wir uns beim Anrühren des Fondue streng an die mitgelieferte Anleitung gehalten. Das heisst auch, einen Teil des Weissweins haben wir dem Fondue anvertraut. Bei näherer Betrachtung der Halbliterflasche erleben wir einen Schreckmoment. Die Veranstalter dieser kulinarischen Wanderung haben uns einen falschen Wein mit auf den Weg gegeben! Doch da steht tatsächlich „Domaine des Faverges“ und St. Saphorin Grand Cru! Waadtländer statt Freiburger?!

Des Rätsels Lösung ist einmal mehr im Kleingedruckten zu finden. Die „Domaine des Faverges“ (15,4 ha) ist eines von zwei Weingütern im Besitz des Kantons Freiburg, das andere ist das „kleine“ Geschwisterchen am Vully (2,2 ha). Oberhalb von St. Saphorin im Kanton Waadt wird mit ungefähr 150‘000 Flaschen pro Jahr der weitaus grösste Teil des Freiburger Staatsweines produziert.

Eine Anekdote zum Weingut Domaine des Faverges

An der letzten grossen Fête des Vignerons (2019) war folgende Anekdote im Umlauf, genannt «eine kleine Waadtländerei»: Die Domaine des Faverges, das heute grösste Weingut (15,4 ha) des Lavaux mit einem einzigen Grundstücksbesitzer, ist freiburgisch. Jedenfalls fast. Der Waadtländer Staatsrat Philippe Leuba, 2017 zur 150-Jahre-Feier der Domaine des Faverges eingeladen, liess in seiner Rede ein pikantes Detail aufblitzen: Der Kanton Freiburg sei lediglich Mit-Eigentümer! Dies bezeuge die Entrichtung einer Jahresmiete von 75 Franken zuhanden des Kantons Waadt. Tatsächlich besitzt letzterer 77 m2 des Weingutes, also 49 Rebstöcke, an der Grenze von Chardonne, unterhalb der Route de Vevey. Und diese mietet die Domaine des Faverges der Vollständigkeit halber … (Text UFT-Podcast Fête des Vignerons 2019)

Das Fläschchen „Domaine des Faverges“ ist leer, und mit Blick auf die Uhr verlassen wir fast wehmütig diesen schönen Picknickplatz. In der Cabane du Petit Oiseau (Montag geschlossen) erwartet man uns zum Dessert. Der mit „Sentier Gourmand“ markierte Wanderweg lässt uns auf direktem Weg talwärts laufen und nach gut 40 Minuten den Kreis schliessen. Die Meringues mit Greyerzer Doppelrahm schmecken köstlich … Auf dem Spielplatz herrscht fröhliches Treiben, der Ort ist ein Paradies für Kinder. Hier der Link zur Rundumsicht via Webcam.

Cabane du Petit Oiseau Rathvel © Pascal Gertschen

Das gemütliche Ausflugsrestaurant ist im Winter die Skibeiz des Skigebiets Rathvel mit seinen drei Skiliften und dem Mini-Lift. Das erklärt die Dekoration im Innern. Bevor wir gehen, lassen wir uns von den vielen Tieren im Streichelzoo und Stall zu manchem «jöh, wie herzig!» bewegen. Schweine räkeln sich in der Sonne, und die frischgeborenen Zicklein machen erste Gehversuche. Da geht das Herz weit auf, wir werden zurückkehren!

Genuss für alle Sinne – Überprüfung dieses Versprechens

Die kulinarischen Wanderungen, genannt Gourmetpfade, rund um Les Paccots sind Genusswanderungen. Die Werbung verspricht Genuss für alle Sinne. Wir überprüfen das auf der Heimreise.

Sehen: Landschaft, Aussicht, Details am Wegrand: Prädikat „Augenschmaus“

Hören: Vogelgezwitscher, Kuhglockengebimmel, Wind, Kinderlachen: Balsam für die Ohren

Riechen: Frischluft, Waldduft, Kräuter, Fondue: Sind noch Fragen?

Schmecken: Käse und Trockenfleisch, Fondue und Weisswein, Meringues mit Greyerzer Doppelrahm: Jeder Gang ein neues Geschmackserlebnis

Tasten: Weiche Felle im Streichelzoo, kitzlige Wiese beim Fondueessen, volle Bäuche: Kindheitserinnerungen kommen hoch, denn Fingerkuppen vergessen nie

Für wen eignet sich die Gourmetwanderung?

Für Geniesser, die via eine kulinarische Wanderung gerne eine wunderschöne Landschaft kennenlernen oder wiedersehen und erleben möchten … mit allen Sinnen!

Für Familien, weil am Ende jeder Etappe ein Gang mit regionalen Spezialitäten und eine Verschnaufpause garantiert ist.

Für Gourmets, denn für wahre Geniesser spielen Essen und Ambiente zusammen.

Für Gourmands, weil man in der Region Freiburg ungeniert zur Freude am währschaften Essen stehen kann.

A propos, was ist eigentlich der Unterschied zwischen Gourmet und Gourmand?

Als Gourmet wird in der deutschsprachigen Gastrosophie ein Feinschmecker bezeichnet, ein sachkundiger Geniesser raffinierter Speisen und Getränke.

Der ebenfalls aus dem Französischen entlehnte Gourmand wurde im Gegensatz dazu in der deutschen Sprache seit dem 18. Jahrhundert eher als Synonym für Leckermaul oder Vielfrass verwendet, der sich durch fehlende Mässigung auszeichnet.

Die Académie culinaire de France definiert

  • den Gourmand als «l’amateur de toutes les bonnes choses de la table», das heisst als «Liebhaber aller Tafelgenüsse»,
  • den Gourmet als «expert en vin» (etwa: Weinexperte / Weinkenner). Dieser Begriff wird heutzutage auch ausgedehnt auf Gastronomie-Liebhaber / Feinschmecker).

Brillat-Savarin (1755–1826), der mit dem 1825 erschienenen Werk «Physiologie du Goût / Physiologie des Geschmacks» berühmt wurde, beklagte, dass das Wort Gourmand falsch verwendet wird, und beschuldigte die Lexikographen der Fahrlässigkeit: «Ein Gourmand ist ein Mann, der Freude an der Gourmandise hat, und diese wiederum ist eindeutig das, was wir im Deutschen mit Feinschmeckerei bezeichnen.

(Quelle Wikipedia) Der Gourmand, Ölgemälde von Henri Brispot (1846–1928)

Cabane du Petit Oiseau Rathvel © Pascal Gertschen

Eckdaten zur kulinarischen Wanderung „Pfad der Genussmenschen / L’Epicurien

Route: Parking Rathvel -Buvette de Rathvel – Niremont – Cabane du Petit Oiseau – Parking Rathvel

Dauer: ca. 2 Wanderstunden

Distanz: 6,5 Kilometer

Höhenmeter: je ca. 250 Höhenmeter Auf- und Abstieg

Reservation: Verkehrsbüro von Les Paccots

Tipp

Warum nicht nach der kulinarischen Wanderung noch einen weiteren Ferientag einplanen und beispielsweise einen der vielen Themenwege rund um Les Paccots entdecken? Die Übernachtungspauschale Gourmet-Traum ist preislich sehr einladend.

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